titelTierauge
2009

Ab in den Busch – Unser Weg nach Linyanti   166km / 3:32h

So, ab heute sollte also jeglicher Komfort wie Betten oder schicke, große Campingplätze mit blitzsauberen sanitären Anlagen hinter uns bleiben und der Busch uns erwarten. Selbst solche Errungenschaften wie Tankstellen, Lebensmittelläden oder auch nur Zäune, die die genigten Predatoren von unseren zweifellos leckeren Menschenhinterschinken abhalten könnten, würde es ab heute nicht mehr geben.
Bammel hatten wir reichlich und der Vorrat an Problemen und diversen Wenns, die in unseren Köpfen spukten, würde noch ein Weilchen reichen.

Aber wir waren gut vorbereitet. Das Campingequipment, das uns der Mietwagenverleiher mitgegeben hatte, war an sich schon reichlich und in den vergangenen Tagen von uns noch um Einiges ergänzt worden.
Der ganze Backy war voller Lebensmittel und vor allem Getränken (auch andere als Bier und Gin...) und -ganz wichtig- massig Wasser.
Bei unserer Ausrüstung mit Wasser und Nahrung hatten wir auch einen gehörigen Notvorrat für den Fall eingeplant, dass wir irgendwo liegenbleiben und ein paar Tage auf Hilfe warten müssten.
Am morgen waren wir noch in Kasane herumgeirrt, um -endlich- einen Feuerholzhändler zu finden (Tipp: Dringend in Namibia eindecken, in Botswana war Holz echt schwer zu finden!!!)

Unsere fehlende Offroaderfahrung, die wir im übrigen ziemlich bald sammeln sollten, versuchten wir mit einer ganze Menge Theorie zu kompensieren, die wir uns angelesen und -gehört hatten.

Und eine der wichtigsten Regeln, die das Offroadfahren im Sand betreffen lautet: Runter mit dem Reifendruck!
Also hielten wir sofort, als wir den Sand erreichten und ließen die Reifen auf 1,6 Bar ab. Das Gefühl, quasi mitten in der Wildnis aus dem Auto auszusteigen und am Auto zu werkeln, während theoretisch und vorallem in unserem Köpfen mindestens hinter jedem zweiten Busch ein Löwe lauerte, war nicht sonderlich angenehm. Wir sollten es jedoch noch häufig erleben dürfen...

Denn unser Schorsch hatte leider keine vom Innenraum aus schaltbare Differenzialsperre an der Vorderachse.
Das bedeutete, dass wir an jeder kritischen Stelle, an der der Sand zu weich war, um anders durchzukommen, aussteiegn und die Freilaufnaben drehen mussten. Und danacha auch wieder ausschalten. Zwar haben wir aufmerksamst (wohl eher paranoid) die Gegend beobachtet, aber ich rede mir nicht ein, dass wir eine getarnte und hinter Büschen lauernde Raubkatze tatsächlich entdeckt hätten.

Wenn ich Löwe wäre, würde ich mich eigentlich nur an weichen Sandwegen auf die Lauer legen und warten, bis irgend so ein dummer Touri seinen weißen Fettarsch aus dem Auto bewegt, um am Vorderrad rumzufummeln ;-)

Linyanti schließlich war einfach märchenhaft schön. Direkt am Flussufer gelegen und wirklich einsam. Idylle pur!

Die Einsamkeit hatte aber auch einen Haken. Dieser drängte sich auch prompt auf, als wir den Boden der Campsite nach Tierspuren absuchten und auch einige Katzenspuren entdeckten...
Ein holländisches Ehepaar (die einzigen anderen Gäste in Linyanti) berichtete auch prompt, zu Fuß einem Löwen bei den Toiletten gesehen zu haben. Kurzum – wir hatten mächtig Schiss!
Im Nachhinein bin ich mir zwar sicher, dass die Kaasköppe sich einen Spaß mit uns Greenhorns gemacht haben, in dem Moment war es aber Wasser auf meine Mühlen.

Während wir unsere Zelt aufbauten, waren mindestens drei unserer vier Augen auf die Büsche um den Campingplatz gerichtet, die Ohren waren auf Lauschen eingestellt und die Nackenhaare standen Spalier.
Als dann endlich unser Feuer brannte, fühlten wir uns schon deutlich sicherer, denn theoretisch sollten sich ja Wildtiere vom Feuer fernhalten.
Na ja, wenn ich Löwe wäre...s.o.

Fleisch im Bauch und ordentlich Bierchen oben drauf, gingen wir aber trotzdem sofort in die Kojen, als die güldene Himmelsscheibe den Horizont verlassen hatte...und ich bereute wenig später das letzte Bier. Meine Blase muss ungefähr die Größe des WM-Fußballs gehabt haben und drückte!!!
Na ja – mal eben zur Toilette wäre jetzt keine gute Idee gewesen. So im Dunkeln... Wie gesagt – keine Zäune...
Aber es muss ja auch mal vorteilhaft sein, ein Mann zu sein... Allerdings hoffte ich schwer, dass nicht irgend eine Kreatur der Nacht den aus dem Zelt zeigenden Appetithappen als Snack haben wollte.

An diesem Abend gebar jedenfalls die Idee, ab morgen je einen leeren Wasserkanister mit in jedes Zelt zu nehmen. Nicht, dass wir die je gebraucht hätten.
Aber man schlief deutlich besser.

Wenig später, als die Hippos anfingen zu bellen und zum Grasen an Land kammen, fiel uns dann auch auf, dass wir unser Zelt genau am Ende der Schilfschneise aufgebaut hatten, an der die Tierchen aus dem Wasser kamen.

Das Bellen war richtig laut und das Grasen schien so nah, dass man Angst bekam, dass die Tier mit ihrem Hintern (ausversehen) das Auto umwerfen könnten.
Gute Nacht!!!

Worte des Tages
Hast Du die Büsche hinter mir im Auge? (Wir jeweils wechselseitig beim Zeltaufbau/Feuer machen/Grillen/essen/Trinken/Aufräumen/ins Bett gehen....)

Was ham wer heute gelernt
...dass man beim Feuerholzsammeln genau schauen sollte, dass das Holz keine Dornen hat. aua!

Tom's famous last words
Ein wenig Bammel hatte ich schon vor dem, was uns die nächsten Tage weit ab der Zivilisation so erwartete. Wie schon geschrieben, mal schauen, wie weit wir kommen, im Ernstfall müssen wir halt umkehren.
Die ersten Kilometer von Kasane aus ging es auf noch recht gut passierbaren Straßen und Gravel Roads entlang. Als wir dann das letzte Dorf hinter uns gelassen hatten, begannen die Sandpisten, die uns für die nächsten Tage begleiten sollten. Anfangs waren wir noch sehr zügig unterwegs, was sich sehr schnell als Fehler herausstellen sollte. Nach einer sich sehr gut getarnten Sprungschanze mitten im Weg war der Inhalt unseres Hardtops, unser Auto und auch wir selbst erstmal ordentlich durchgeschüttelt. Ab da ging es dann langsamer vorwärts. Nach einigen Tiefsandstellen, die wir alles in allem hervorragend meisterten, erreichten wir unseren Schlafplatz für die Nacht. Traumhaft schön, direkt am Fluss gelegen und mir einem Sonnenuntergang über dem Fluss, der mich sehr an die Amarula Werbung erinnerte. Traumhaft und sensationell!!
Einziger Wermutstropfen waren die sanitären Einrichtungen. Wer zart besaitet ist, schnell Herpesbläschen bekommt oder auch nur den geringsten Anspruch auf Sauberkeit hat, sollte dieses Örtchen meiden, wie der Teufel das Weihwasser!! Entweder ab hinter den nächsten Busch oder versuchen es irgendwie in sich zu halten. Ich als Heimscheißer hab letzteres vorgezogen.
Der interessanteste Teil kam aber noch. Nicht in Form der viel zitierten Löwen (ich gebe zu, ich habe mich von der „Panik“ dann doch irgendwann anstecken lassen), sondern in Form eines grasenden Hippos. Das war nun unsere dritte Naherfahrung mit diesen Tieren, die für mich aber die Unentspannteste war. Die im Mahango war zu schnell vorbei, bevor man richtig Angst bekam, die in Katima war nicht wirklich gefährlich, die hier irgendwie schon. Zum einen weiß man ja, wozu Hippos fähig sind, zum anderen war draußen stockfinstere Nacht und das Tier weniger als zehn Meter vom Auto entfernt. Ich gebe zu, ich war sch… froh, als sich das Biest wieder geräuschvoll ins Wasser verabschiedete und nicht wieder kam.
Noch einen kleinen Tipp: Bevor die Sandpisten anfangen, sollte man noch ein paar kleine Steine sammeln, später findet man keine mehr und man braucht sie noch, zumindest wenn man wie wir nach „3-rd Bridge“ fahren will!!
=> 5 of the Little Five der Namib , 3 of the Big Five, 4 of the Dangerous Six (Man merke: immer noch kein Löwe dabei)

Bild 17 2009 Nummer Bild 17 2009 Nummer Bild 17 2009 Nummer Bild 17 2009 Nummer